Elisabeth Sula und ihre Bilder
„Man kann in der Kunst nur in die Tiefe gehen, wenn man bei sich selbst in die Tiefe geht.“ Dieser Gedanke von Elisabeth Sula kann als Motto über ihrer Malerei stehen und sie hat diese Erkenntnis sowohl in ihrem Studium – sie hat in Wien neben Malerei bei Oswald Oberhuber auch Philosophie studiert – als auch in ihren vielen und langen Aufenthalten im Ausland gewonnen. Vor allem in Indien hat sie eine in Europa weitgehend verloren gegangene Spiritualität erlebt, die trotz aller Probleme und Sorgen des täglichen Lebens aus der Einsicht kommt, dass das Leben ohne eine geistige Dimension zur materialistischen Oberflächlichkeit verkommt.
Diese Erfahrung und Erkenntnis hat Elisabeth Sula in ihre Kunst eingebracht. Sie schafft es eine Welt in ihren Bildern zu vermitteln, die nur scheinbar einfach ist. Der erste Blick auf ihre Bilder zeigt eine bunte Heiterkeit, die klaren Farben, die symmetrischen Kompositionen und Muster stellen eine positive Welt vor, die auf den flüchtigen Betrachter unmittelbar wirkt. Aber es bedarf eines weiteren Blickes, um die Tiefe zu erkennen, das als Muster eingesetzte Ordnungsprinzip, das Räume umschließt und gleichzeitig öffnet. Es lenkt hinter die Fassade, das plötzlich wie ein Fenster ist, hinter dem sich eine Welt auftut und in unbekannte Räume führt.
Farbbänder lenken den Blick in unbekannte Höhen, sind aber doch fest verankert in einem imaginären Boden. Sie öffnen sich wie Gefäße oder schließen sich zu einem angedeuteten Kreis, der alles zu umfassen scheint, das Leben und den Tod. Angedeutete Blumensymbole sind Potential der inneren Gestimmtheit.
Eine Bilderserie, die HEALING ROOM heißt und an orientalische Teppiche erinnert, greift deren Bedeutungsgehalt als Ersatzgärten auf und vermitteln Ruhe, Ordnung und eine Stille des Seins. Die gemalten Rahmen schließen das Bild, wie zum Schutz, aber sie engen nicht ein, denn der Blick geht in die Tiefe, lotet Räume aus voller Geheimnis.
Elisabeth Sulas Malerei ist Farbe und Komposition. Sie malt mit starken, fast ungemischten Farben, leuchtend und kraftvoll. Farbe – immer wieder Farbe – Rot die Farbe des Lebens, Grün für Wachstum, Gelb für das Licht. Und sie setzt ihre ungegenständlichen, geometrischen oder vegetativen Motive um in Statik und Bewegung, in Raum und Fläche. Man spürt die Freude am Tun, als tief empfundene Erkenntnis des Lebens und Schaffens, das jene innere Bestimmtheit bringt, die Kraft gibt und Ausgeglichenheit, und die Voraussetzung ist für künstlerisches Tun.
Angelica Bäumer
Kulturjournalistin und Autorin
Elisabeth Sula – Orte des Glücks
Die Künstlerin Elisabeth Sula nennt ihre aktuelle Ausstellung im Novomatic-Forum Orte des Glücks. Die Interpretationen dessen, was ein Ort des Glücks ist oder sein kann, sind vielfältig und jeder trägt dazu seine eigenen Bildern und Assoziationen mit sich.
Orte des Glücks können gedachte Orte sein, wie Clemens Brentanos Vaduz am Dachboden seiner Kindheit oder auch Plätze denen man real als Orte des Glücks begegnet ist. Oft denken wir uns Orte aus, die wir vermeintlich als Orte des Glücks bezeichnen, obwohl wir sie gar nicht kennen. Doch können sich diese auch ganz unmittelbar in unserer Umgebung befinden bzw. auch mit Begegnungen und Menschen zusammenhängen. Das Streben nach Glück ist so alt wie die Menschheit selbst. In der Erfüllung jedoch erweist sich dies als vielschichtiger Begriff, der vom Empfinden eines momentanen Glücksgefühls bis hin zu einer anhaltenden Glückseligkeit reicht.
In der Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten wurde das Streben nach Glück als Pursuit of Happiness auch als Recht des Menschen verbrieft. Für die Kunst war das Glück ebenso ein Thema, das sich kontinuierlich durch die Kunstgeschichte zieht – vom Paradies bis zum neuzeitlichen Arkadien. Die zeitgenössische Kunst hat durch die Abstraktion jedoch neue Möglichkeiten der Darstellung entwickelt, die weit mehr in die oft sprachlich nicht mehr fassbaren Zwischenbereiche des Lebens ausgreifen können.
Elisabeth Sula studierte Malerei und Grafik an der Universität für angewandte Kunst bei Oswald Oberhuber, sowie parallel dazu Philosophie und Kunstgeschichte an der Universität Wien. In ihren Bildern bindet sie daher stets die Philosophie thematisch bzw. als Ausgangsbasis ihrer Intentionen ein.
„Man kann in der Kunst nur in die Tiefe gehen, wenn man bei sich selbst in die Tiefe geht“ ist einer ihrer Leitgedanken. So wurzeln ihre Bilder in einer Sehnsucht nach Bewusstsein und Authentizität. Nach einer Werkphase monochromer Bilder entdeckte die Künstlerin durch ihre Aufenthalte in Indien die Farbe und auch das Wissen um die Spiritualität, die sie versucht in ihren Arbeiten wie „Healing Rooms“, „Knowing Fields“ oder „Centering“ zum Ausdruck zu bringen. Arbeiten wie „Celebrate Joy“ stehen dabei für Lebensfreude und für die Vielfalt des Lebens selbst.
Ausgangsbasis der neuen Arbeiten ist auch wieder die Natur. Gesehenes, Stimmungen, der Alltag oder die Natur bilden Archetypen eines Formenrepertoires, das sich die Künstlerin als Auslöser für eine künstlerische Umsetzung auf der Leinwand in Gedanken abruft. Ihre Bilder zeigen die Motive jedoch jenseits eines literarischen oder dokumentarischen Blickwinkels, vielmehr übersetzen sie sie in ein abstraktes Formenrepertoire. Das Abbildhafte, Illustrative der Objekte verschwindet, die Setzung der Farben im Bildgrund wird zunehmend wichtiger und der Zeichenduktus entzieht sich jeder Beschreibung. Das Bild ist im eigentlichen Sinn ungegenständlich und bleibt dennoch offen für Assoziationen.
Elisabeth Sula entwickelt auf der Leinwand eine eigene Welt, die nicht im Widerspruch zur Natur steht, jedoch versucht, mittels der Möglichkeiten der Kunst den Ursprüngen jeglicher Gestaltung auf den Grund zu gehen und diese Grundelemente der Natur auf eine andere, vielleicht ungewohnte Ebene zu bringen. So gesehen ist ihre Malerei an einer besonderen Schnittstelle angesiedelt. Dort wo die beiden Systeme, jenes der Natur selbst und jenes der Malerei zusammentreffen. Vielleicht ist es daher wirklich so, wie Nietzsche schrieb, dass die Kunst den Menschen hilft, sich das Ganze des Daseins bewusst zu machen. Ein Mittel zu einer sensiblen Annäherung an die Zwischenräume unseres Alltags ist sie allemal.
Mag. Silvie Aigner
Kuratorin